Schwebend mobil mit Sesselbahnen

ID: 72
Erstellt von Michael Wenzel am 18.04.2021 um 14:33 Uhr

Die Einführung von Seilbahnen mit geschlossenen Gondeln für die Mobilität der Stadtbevölkerung ist weltweit ein Erfolgsrezept und wird derzeit auch in einigen deutschen Städten geprüft. Dieser Ansatz ein wenig weitergedacht, könnte DIE VISION für Oldenburg werden.
Ich stelle mir ein Netz aus (weniger aufwendigen) Sesselbahnen über den Häusern der Stadt und entlang der Hauptverkehrsachsen vor, um eine pünktliche, klimafreundliche und kostengünstige Mobilität in Oldenburg zu ermöglichen.

Stellen Sie sich das einmal vor:
>> „Sesselbahn Nadorst“: Auf dem Parkplatz vor Real entstehen zwei neue Gebäude. Ein flexibel erweiterbares Parkhaus (für Kunden und Pendler) sowie die „Sesselbahnstation Nord“. Auch am Pferdemarkt wird ein Teil des Parkplatzes für die „Sesselbahnstation Mitte“ genutzt. Auf dieser etwa 5 km langen Strecke werden große Stahlstützen aufgestellt, Stahlseile gespannt und hunderte Sessel und Transportbehälter angehängt, die den Personen- und Warenverkehr zwischen dem Norden und der Mitte gewährleisten.

>> Beim Real entsteht eine „Park & Float Station“, die es insbesondere Pendlern aus dem Umland und der Stadt Oldenburg erlauben, ein umfangreiches Mobilitätsangebot zu nutzen. Ob man nun von dieser Station aus in die Stadtmitte oder ins Umland möchte, ist ganz egal. Von hier aus nutzt man je nach Bedarf und Verfügbarkeit den Sessellift, den Bus oder Bürgerbus, das Carsharing-Auto oder die Mitfahrgelegenheit oder das E-Bike / Pedelec / Lastenrad bzw. den E-Roller und andere Leihfahrzeuge.

>> Ein ähnliches Mobilitätsangebot gibt es auch am Mobilpunkt der Sesselbahnstation Mitte, damit der Fahrgast vom Pferdemarkt aus den „letzten Kilometer“ zügig zurücklegen kann. Der Unterschied ist hier, dass kein Parkhaus benötigt wird, da sich die Menschen ganz freiwillig nicht mit dem eigenen PKW innerhalb der Stadt bewegen.

>> Übertragen auf das gesamte Stadtgebiet entsteht ein Netz an Park & Float Stationen (am Stadtrand), Zwischenstationen (am Autobahnring) sowie Mobilpunkten (innerhalb des Stadtgebietes und in Wohnquartieren). Sesselbahnen verbinden alle Punkte miteinander, um ein schnelles, klimafreundliches und sicheres Vorankommen in der Stadt zu ermöglichen. Der „letzte Kilometer“ wird dann üblicherweise zu Fuß, auf dem Rad oder im Bus zurückgelegt.

Die neuen Sesselbahnen ermöglichen
- ein schnelles ein- und aussteigen (ähnlich einem Paternoster, nur horizontal)
- eine nie dagewesene Taktung eines öffentlichen Verkehrsmittels (mglw. alle 10 Sekunden)
- eine garantierte Pünktlichkeit (keine Kreuzungen, keine Ampeln, kein Stau)
- eine gleichbleibende Geschwindigkeit, die von keinem anderen Verkehrsmittel garantiert werden kann (Planbarkeit für die Wirtschaft der Stadt)
- einen Warentransport mit speziellen Cargo-Behältern (für Wirtschaftsgüter, Post, Einkäufe, Koffer, Lebensmittel etc.)
- eine kostengünstige Möglichkeit der Fortbewegung (mglw. Jahresabo für die Stadtbevölkerung und Pendler)
- eine Nutzung durch Menschen mit Behinderung, die durch entsprechend geschultes Servicepersonal begleitet werden
- eine Wetterunabhängigkeit (Sitzheizung und Schutzhaube vor Regen, Schnee und Wind)
- eine große Sicherheit durch Bügel und Gurte (und keine Unfälle mit anderen Verkehrsteilnehmern)
- eine klimafreundliche Fortbewegung innerhalb Oldenburgs (der Elektroantrieb wird mit erneuerbaren Energien gespeist)
- eine emissionsarme Fortbewegung (kein Feinstaub, keine Abgase, kein Lärm)
- eine großartige Aussicht über die Stadt
- eine Touristenattraktion für Oldenburg
- einen nachhaltigen „Coffee to fly“, den man an der Station kauft und den leeren Mehrwegbecher an der Endstation zurückgibt

Diese neue Flexibilität in der urbanen Mobilität macht das eigene Auto innerhalb der Stadt überflüssig. Somit werden künftig private PKW am Stadtrand in kostenlosen Parkhäusern der Park & Float Stationen geparkt, um sie bei Bedarf für einen Ausflug oder den Weg zur Arbeit ins Umland zu nutzen. Das bedeutet insbesondere in Wohngebieten ein autofreies Straßenbild, mit viel Platz zum Spielen, zum Umgestalten und zum Treffen im öffentlichen Raum. Gleichzeitig werden die befahrenen Straßen leerer und können umgewidmet werden. So ermöglicht eine neue Einbahnstraßenregelung eigene Busspuren und breite Fahrradschnellwege durch die gesamte Stadt.

Diese Vision ermöglicht eine deutlich schnellere, pünktlichere, klimafreundlichere und flexiblere Mobilität der Menschen, die sich dauerhaft oder temporär in der Stadt Oldenburg fortbewegen möchten. Mit den neu gewonnenen Freiräumen lässt sich eine nie dagewesene Lebensqualität erreichen. Seien wir also visionär und werden schwebend mobil!

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Kommentare (2)

MarvinGS

ID: 182 07.05.2021 12:57

Ich fürchte, es wird ein sehr langer Weg, bis ich per Seilbahnen durch Oldenburg schweben kann, aber ich hoffe sehr, dass ich es noch erlebe!

Seilbahnen sind in meinen Augen die perfekte Lösung zur Entkopplung des ÖPNV vom restlichen Verkehr. Derzeit nutzen die Busse ja die selbe Infrastruktur wie PKW und Fahrräder (Risiko!) und kreuzen diese und auch die Bahnlinien (gegenseitige Behinderung). Sie stehen bis auf etwas Vorrang an Ampeln im selben Stau. Außerdem sind sie relativ unflexibel, auch für nur einen (oder keinen) Fahrgast fährt ein riesiger Bus.

In meinen Augen dürften es aber Gondeln mit hochklappbaren Sitzbänken statt der abgebldeten Sessel werden, da diese auch mit Kinderwagen Rollatoren und Rollstühlen ohne fremde Hilfe genutzt werden können und sogar Waren auf Rollwagen damit transportiert werden können.

Außerdem müssten die Strecken aus Nord und Süd miteinander verbunden sein, ggf. wäre eine andere (Netz?) als eine Sternstruktur sinnvoll. Menschen wollen ja auch von Kreyenbrück nach Wechloy oder ein, zwei Stadtteile weiter im oder gegen den Uhrzeigersinn, ohne erst ins Zentrum zu fahren/schweben.

In Skigebieten werden die Gondeln zum Ein/aussteigen ja längst vom Seil abgeklemmt. Dadurch sind gleichzeitig eine durchgehend hohe Reisegeschwindigkeit und eine (bei genug Platz in der Station) beliebig lange Beladungszeit möglich. Womöglich könnte inzwischen oder in Zukunft ein komplexes Routing möglich sein!

Also keine festen Strecken mit Halt an jeder Station für jede Gondel. Beim Einsteigen in Kreyenbrück wird die Familie mit Ziel Flötenteich mit einem Pärchen mit Ziel Etzhorn zusammen gewürfelt. Da die Gondel voll ist, bleibt sie bei allen Stationen zwischen Kreyenbrück und Flötenteich bei voller Geschwindigkeit ans Tragseil geklemmt oder fährt gleich über statt durch die Station. Erst am Flötenteich wird sie abgeklemmt und abgebremst, die Familie kann aussteigen. Falls noch jemand von dort nach Etzhorn oder Ofenerdiek will, kann zugestiegen werden, ansonsten fährt die Gondel nur mit dem Pärchen weiter nach Etzhorn. Bei geringer Last (nachts) werden Gondeln in Garagen unter Stationen mit genug Platz eingelagert. Passend zum Ende einer Großverstanstaltung an der WEH machen sie sich aus allen Richtungen auf den Weg, um die Leute abzuholen und heim oder (ohne Zwischenstopp) zu den Pendlerparkpätzen zu bringen.

Akzeptanz ist natürlich ein Thema. Ob alle mit Fenster zur Strecke den Verkehrslärm von unten gegen u.U. auf Augenhöhe vorbei schwebende Gondeln tauschen würden?

In meinen Augen könnte ein (komplett fertiggestelltes) Seilbahnnetz innerhalb der Stadtgrenze keine Ergänzung des jetzigen ÖPNV per Bus sondern womöglich auch ein kompletter Ersatz sein. Gute Vernetzung mit Regionalbahnen, Überlandbussen und Pendler- und Carsharingparkplätzen nach außen und mit Leihrädern und -rollern nach innen natürlich vorausgesetzt.

Alexander

ID: 162 01.05.2021 09:08

Eine Seilbahn könnte eine gute Ergänzung des ÖPNV Netzes sein, denn sie sind im Vergleich zu Straßenbahnen recht kostengüntig zu errichten, brauchen wenig Platz, bekommen die Energie effizient direkt aus der Leitung per Ökostrom und sind leise. Allerdings ist ihre Kapazität nicht besonders hoch im Vergleich zu Straßenbahnen und sie sind langsamer. Deshalb kann man sie eher für lokale Vernetzung, Zubringer und "quer" zu den Hauptlinien (dort am besten Straßenbahn oder "tramway" a la Nancy, die braucht extrem wenig Platz da sie quasi auf der Straße fährt) einsetzen. Weiterhin muss man die Bewohnerinnen und Bewohner überzeugen, dass eine Bahn über dem Kopf besser ist als Autolärm vor der Tür, nicht so ganz einfach wie die Erfahrungen in Bonn und Wuppertal zeigen. Im hier dargestellten Plan sind die Haltestellen auch viel zu weit auseinander, da müsste man "dichter" denken. Es müssten aber auch größere und leichter zugängliche Kabinen als Sesselbahnen werden, damit man auch mit Gepäck, mit Kinderwagen, mit 4 Kindern, mit Einkäufen (von IKEA:-) , Rolli oder als 90jähriger einsteigen kann (wenn ich jung und alleine bin kann ich schneller Rad fahren als Sesselbahn). Grundsätzlich aber eine gute Idee wie viele Projekte weltweit zeigen!! Ich persönlich würde damit beginnen, als Pilotprojekt Uni Wechloy, Famila, Haltepunkt Wechloy, sowie Uni Haarentor (2 Haltepunkte) mit einer Seilbahn zu vernetzen!